Lorenz Boegli ist unbestritten Meister seines Siebdruckfachs, aber er geht doch immer einen Schritt weiter und lotet die Grenzen der Machbarkeit neu aus. Wer glaubt, seine Tätigkeit läge in der Herstellung spektakulärer Printobjekte, hat nur zum Teil Recht: Er selbst sieht seine Arbeit vorrangig im Sehen.
Du experimentierst viel mit Pigmenten – erstaunt es Dich selbst, welche neuen Spektren immer wieder möglich sind? Man möchte ja meinen, man hätte die ganze Welt der Farben bereits gesehen …
Im Bereich von Färbemitteln recherchiere ich sehr breit. So gelingen immer wieder Entdeckungen und Pigmente können eingesetzt werden, welche vorher im Druck noch nie verwendet worden sind. Wie zum Beispiel Pigmente aus der kosmetischen Industrie, die wunderbare harmonische Druckerzeugnisse ergeben. Oder Pigmente und Färbemittel aus der Natur, die eine ganz eigene Qualität und Ausstrahlung aufweisen. Ich suche nach interessanter physikalischer Charakteristik von Pigmenten und finde Eigenschaften, die zu ganz neuen Effekten führen können, wie dem Flash-Effekt oder Elektrolumineszenz.
Ist ein farbiges Papier nochmals eine ganz andere Herausforderung für Deine Drucke als ein weißes, neutrales Material?
Ich versuche das Papier nicht nur als Träger von Druck einzusetzen, sondern dieses auch ganz bewusst als farbgebendes Medium in Drucke zu integrieren. Als Beispiel kann dies ein mittelgraues Papier sein, welches schwarz und weiß bedruckt wird und dabei das Trägermaterial als Mittelton in den Druck eingebaut wird.
Du hattest vor einiger Zeit Deinen RGB-Druck auf Pergraphica ausgelotet – was war das Besondere an diesem Projekt?
Das Besondere an diesem Projekt war die grosse Freiheit bei der Umsetzung. So ist eine moderne griechische Sage entstanden, welche die Entstehung des RGB-Druckes erzählt.
Gibt’s nicht, gibt’s nicht für Lorenz Boegli, oder?
Da möchte ich lieber eine andere Frage beantworten. Farbe im Druck ist für mich ein durchgefärbtes Papier oder eine gemischte Druckfarbe, jedoch nicht eine Vierfarbenrasterarbeit, welche eine Nachstellung von Farbe darstellt. Emotionen lassen sich nicht reproduzieren.
Eine Bitte zum Schluss – vervollständige den Satz: »Zukunft braucht Raum, Kreativität, Papier und …«
Den Mut und die Freiheit, sich von PSA (Process Standard Adobe) zu lösen.